Positive Psychologie in Unternehmen: Führung, Unternehmenskultur, Personalentwicklung

Dr. Nico Rose | Handelsblatt CFO KongressIn ihren Anfangstagen beschäftigten sich Wissenschaftler im Feld der Positiven Psychologie vor allem mit dem individuellen Wohlbefinden von Menschen. Es ging um Fragen wie:

  • Was macht Menschen zufrieden oder gar glücklich?
  • Was lässt uns Sinn im Leben empfinden?
  • Wann und unter welchen Umständen erleben wir Selbstaktualisierung?

Doch bereits früh im neuen Jahrtausend entstand ein fruchtbarer Diskurs mit Management-Forschern, Soziologen und weiteren Wissenschaftlern, die sich für die Gestaltung und den Erfolg von Organisationen, insbesondere auch Wirtschaftsunternehmen, interessieren. Somit entstand eine eigene Forschungs- und Anwendungsrichtung, die heute unter dem Begriff Positive Organizational Scholarship (POS) bekannt ist. Sie behandelt Fragen wie:

Im Folgenden liste ich einige der wichtigsten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dieses Feldes auf. Daraus ergibt sich gleichzeitig ein recht guter Überblick über die verschiedenen Themen- und Spielfelder.

Positive Psychologie in Unternehmen: Einflussreiche Wissenschaftler im Überblick

Martin Seligman

Martin „Marty“ Seligman gilt als Begründer und Spiritus Rector der modernen Positiven Psychologie. Er hat in den ersten 20 Jahren seiner Forscherkarriere vor allem im klinischen Umfeld gearbeitet, z.B. neue Theorien zur Entstehung von Depressionen entwickelt. Doch bereits in den 80er Jahren waren erste Ansätze der Positiven Psychologie bei ihm erkennbar, beispielsweise in seiner Forschung über Optimismus. In diesem Kontext hat er auch einige Studien im Unternehmensumfeld durchgeführt. Rechtbekannt ist z.B. eine Forschungsarbeit rund um Optimismus als wichtiges Einstellungskriterium für Vertriebspersonal von Versicherungen.

Mihály Csíkszentmihályi

Mihály Csíkszentmihályi war ebenfalls bereits eine internationale Größe, bevor die Positive Psychologie 1998 als eigenständige Teildisziplin etabliert wurde. Er hat sich einen Namen gemacht durch die Erforschung des Phänomens Flow, des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit. Seine Bücher haben sich millionenfach verkauft.

Kim Cameron

Vermutlich steht kein anderer Forscher so sehr für das Phänomen POS wie Kim Cameron. Auch er konnte Anfang des Jahrtausend bereits auf eine sehr erfolgreiche Karriere als Wissenschaftler zurückschauen. Er interessierte vorrangig für die strategische Konfiguration von Unternehmen, beispielsweise, wie diese den Gegensatz von Innovation und Stabilität managen. Cameron hat sich in den letzten Jahren bemüht, ein übergreifendes Rahmengebäude der Positive Organizational Scholarship zu beschreiben. Von besonderer Bedeutung ist hier das Konzept der positiven Devianz.

Amy Wrzesniewski

Amy Wrzesniewski ist in erster Linie für zwei Forschungsstränge bekannt: Zum einen hat sie Menschen studiert, die in ihrer Arbeit einem Ruf folgen (im Englischen: Calling). Zum anderen hat sie das Phänomen Job Crafting beschrieben, wonach Menschen in Unternehmen zu aktiven Gestaltern ihrer Rollen und Aufgaben werden. Des weiteren untersucht sie, unter welchen Umständen Menschen ihre Arbeit als sinnvoll erleben.

David Cooperrider

David Cooperrider ist der Entwickler von Appreciative Inquiry, einer Interventionsmethodik, die sich zum Ziel setzt, ganze Systeme nachhaltig zu verändern. Das Ganze beruht in erster Linie auf einem Set von positiven Fragetechniken.

Wayne Baker

Wayne Baker ist Soziologe und interessiert sich u.a. für das Phänomen der (positiven) relationalen Energie. Dabei geht es um jene Form von motivationaler Kraft, die durch zwischenmenschliches Handeln in Organisationen generiert, aber im Falle negativer Interaktionen auch vernichtet wird.

Jane Dutton

Jane Dutton war ebenfalls bereits eine arrivierte Management-Forscherin, bevor sie ihr Spätwerk der Positiven Psychologie in Organisationen widmete. Sie interessiert sich vor allem für positive Gestaltung von Beziehungen (in ihren Worten: High-Quality Connections). Des weiteren erforscht sie die Rahmenbedingungen und Ausprägungen von Mitgefühl in Organisationen.

Nico Rose | Angela Duckworth | Adam Grant

Adam Grant

Adam Grant ist aktuell so etwas wie der Superstar der Positiven Psychologie. Er hat trotz seines noch jungen Lebensalters eine große Reihe an vielzitierten Forschungsarbeiten verfasst und mehrere Bücher geschrieben, die alle auf der Bestseller-Liste der New York Times vertreten waren. Er forscht vor allem über prosoziales Verhalten in Organisationen.

Fred Luthans

Fred Luthans war in den 60er Jahren Captain in der US-Army und begann danach eine Karriere als Forscher. 1986 wurde er zum Präsidenten der einflussreichen „Academy of Management“ gewählt. In den vergangenen 15 Jahren hat er sich der Erforschung eines Bündels von Persönlichkeitseigenschaften gewidmet, die Positives Psychologisches Kapital genannt wird.

Angela Duckworth

Angela Duckworth ist eine der engsten Mitarbeiterinnen von Martin Seligman. Die frühere Lehrerin und Unternehmensberaterin hat sich einen Namen gemacht mit der Erforschung einer Eigenschaft von Menschen, die sie Grit getauft hat. Grit bezeichnet eine Leidenschaft für das hartnäckige Verfolgen von Zielen auch im Angesicht von Schwierigkeiten und Herausforderungen.

Edward „Ed“ Deci und Richard Ryan

Die Forscher Ed Deci und Richard Ryan werden im Grunde immer im Doppelpack genannt, weil sie ihre ganze Karriere lang gemeinsam gearbeitet haben. Sie sind die Begründer der Selbstdeterminationstheorie, der einflussreichsten Theorie über menschliche Motivation (im Arbeitsleben) – und damit auch wichtiger Grundpfeiler der POS.

Barry Schwartz

Barry Schwartz kennen viele Menschen auch außerhalb des akademischen Umfelds durch einen vielbeachteten TED Talk. Er hat sich in den vergangenen Jahren u.a. der Frage gewidmet, was Weisheit ausmacht. Am besten bekannt ist er allerdings für seine Arbeiten rund um das Treffen von guten Entscheidungen. Er wies nach, dass Menschen sich von zu vielen Auswahlmöglichkeiten schnell überfordert fühlen.

Sabine Sonnentag

In der deutschen Forschungslandschaft ist die Positive Psychologie auch 20 Jahre nach ihrer Begründung noch nicht wirklich angekommen. Ich bin nicht sicher, ob Sabine Sonnentag von der Universität Mannheim sich selbst zu den Positiven Psychologen zählen würde, aber mit ihren Themenschwerpunkten taucht sie zumindest des Öfteren in entsprechenden Überblickswerken und Sammelbändern auf. Sie forscht – verkürzt gesagt – am Thema Work-Life-Balance und wie sich Pausen auf die Motivation und Arbeitsleistung von Menschen auswirken.

Arnold Bakker

Arnold Bakker stammt aus den Niederlanden und hat mit einer Kollegin eine einflussreiche Theorie zur Entstehung bzw. Vermeidung von Burnout vorgelegt, das Job Demands-Resources Model.

Nico Rose | Keynote Speaker | Positive PsychologyMichael Steger

Mit Michael Steger habe im Rahmen eines Forschungspapiers zusammengearbeitet. Michael ist einer der Top-Experten weltweit rund das Thema Sinn-Erleben, vor allem auch sinnvolle Arbeit.

Gretchen Spreitzer

Gretchen Spreitzer hat sich zu Beginn ihrer Forscherkarriere mit der Struktur und den Vorbedigungen von Empowerment beschäftigt. Heute ist sie eine sehr einflussreiche Figur in der POS und hat gemeinsam mit dem oben genannten Kim Cameron das Oxford Handbook of Positive Oganizational Scholarship herausgegeben.

Robert „Bob“ Quinn

Bob Quinn has worked with Kim Cameron for many years prior to becoming one of the founding fathers of POS. He has worked on many different aspects of Positive Organizational Behavior. I´m very fond of one his books on leadership that he has written together with one of his sons.

Bruce Avolio

Bruce Avolio ist einer der einflussreichsten Forscher rund um das Thema Führung in Organisationen. Er ist primär bekannt für das Konzept der Transformationalen Führung, welches in den früher 90er als Gegenentwurf zu transaktionalen Führungsstilen beschrieben wurde und auch heute noch großes Ansehen in der POS genießt.

Amy Edmondson

Auch bei Amy Edmondson bin ich nicht ganz sicher, ob sie sich selbst als zur POS zugehörig empfindet. Allerdings spreche ich in meinen Vorträgen sehr oft über das von ihr beschriebene Konzept Psychological Safety, welches großes Einfluss auf die Lern- und Innovationskultur in Unternehmen hat. In diesem Sinne möchte ich sie hier mit aufnehmen.