Nico Rose | Zeit Akademie

„Wofür bezahle ich Sie eigentlich?!“ Über Transaktionskosten und Care-Arbeit in Organisationen

Im Frühjahr 2022 endete meine rund dreijährige Anstellung als Hochschullehrer an einer Business School. Einige Tage vor Ablauf des Vertrags meldete sich die zuständige Personalerin, um über die Inhalte meines Arbeitszeugnisses zu sprechen. Unter anderem erkundigte sie sich, was man über die üblichen Tätigkeiten eines Professors hinaus bei den Aufgaben und Tätigkeiten hinterlegen könne. Neben weiteren Punkten schlug ich – ein wenig augenzwinkernd – vor, dass ich durch mein Wirken vermutlich die Reichweite der Hochschule in den (sozialen) Medien vervielfacht hätte.

Die Kollegin meinte daraufhin, dass das nicht so gut in ein Arbeitszeugnis passen würde, was ich akzeptierte. Allerdings brachte mich diese Episode ins Grübeln über eine Thematik, die mich schon früher in meiner Arbeit als Führungskraft im Konzernumfeld beschäftigt hatte. Vordergründig handelt es sich um einfache Frage, die bei näherem Hinschauen allerdings dem sprichwörtlichen Kaninchenbau gleicht, der einen tiefer und tiefer führt.

Warum vergüten Organisationen einige Tätigkeiten (gut) und andere nicht?

Bleiben wir zu Beginn beim oben genannten Beispiel: Ich bin kein klassischer Influencer. Mir folgen keine Millionen von Menschen auf Instagram oder YouTube. Vielleicht würden manche mich als Mikro-Influencer bezeichnen. Direkt folgen mir über verschiedene Kanäle hinweg rund 50.000 Menschen, viele davon Führungskräfte und Personalverantwortliche aus der Wirtschaft im D/A/CH-Raum. Zudem werde ich regelmäßig eingeladen, mich zu relevanten Themen in der Wirtschaftspresse zu äußern.

Ich erhalte kein Geld dafür, Klamotten oder Fitnessriegel in eine Kamera zu halten, aber immerhin erscheint mein Wort mancherorts so relevant, dass mich Firmen vornehmlich aus dem Umfeld der HR-Dienstleistungen regelmäßig darum bitten, sie gegen Geld in meinen Veröffentlichungen zu erwähnen (was ich bislang kategorisch ablehne). Daraus lässt sich schließen, dass diese Reichweite durchaus ein Asset ist: ein Asset, dessen produktive Nutzung manchen Firmen ein amtliches Honorar wert wäre. Die spannende Frage: Warum sollte dieses Asset nichts mehr wert, noch nicht einmal im Zeugnis erwähnenswert sein, weil ich zuvor einen Arbeitsvertrag unterschrieben habe?

Machen oder kaufen?

Um dieser Frage näher zu kommen, lohnt sich ein Blick auf die Transaktionskostentheorie, die unter anderem erklären möchte, warum es überhaupt so etwas wie Unternehmen gibt. Etwas vereinfacht gesagt lautet eine Antwort, dass es unter bestimmten Umständen effizienter ist – weil mit weniger Kosten und Mühen verbunden – bestimmte Güter und Dienstleistungen innerhalb eines organisationalen Verbunds herzustellen, als diese immer wieder aufs Neue in externen Märkten einkaufen zu müssen.

Diese betriebswirtschaftliche Herausforderung äußert sich unter strategischen Gesichtspunkten in typischen „Make or Buy“-Überlegungen. Ein Unternehmen, dass beispielsweise an Social Media-Reichweite in einem bestimmten Kundensegment interessiert ist, kann diese folglich punktuell von einem externen Influencer gegen Honorar einkaufen (dann allerdings auch wieder einbüßen) – oder alternativ versuchen, sie intern aufzubauen, was allerdings Expertise, Zeit, Budget und auch Koordinationsaufwand erfordert.

Wie praktisch, wenn ein Mitarbeiter ein solches Asset einfach mitbringt und mehr oder weniger kostenlos zur Verfügung stellt. Unternehmen profitieren an diesem Punkt von der Tatsache, dass Arbeitsverträge und damit auch die zugehörigen Rollenbeschreibungen unterspezifiziert, sprich: eindeutig uneindeutig sind. Es werden meist nur wenige, konkrete Aufgabenbündel festgehalten. Darüber hinaus wird ein Arbeitnehmer durch allgemein gehaltene Klauseln dazu angehalten, sich dem Arbeitgeber wohlwollend gegenüber zu verhalten.

Die weitere Koordination erfolgt durch disziplinarische Führung, durch Zielvereinbarungen, Feedback und ähnliche Mechanismen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung eines Gehalts sowie Nebenleistungen – und verspricht, ebenfalls sehr allgemein, die physische und psychische Integrität des Arbeitnehmers zu wahren. Beide Seiten werden diesen Anforderungen nicht immer gerecht, das gehört zur Natur der Sache.

Nico Rose | roter Pullover

Dienst nach Vorschrift oder Extrameile?

Vor dem Hintergrund, dass Arbeitsverträge und Rollenbeschreibungen unterspezifiziert sind, stellt sich Organisationen fortwährend die Frage, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu einer gegebenen Rolle gehören – und welche nicht. Die Antwort hat wiederum wichtige Implikationen für eine weitere Frage, die jedes Unternehmen beschäftigt: Wie soll die Leistung für eine gegebene Rolle gemessen und vergütet werden?

Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Mitarbeiter gerade nicht „Dienst nach Vorschrift“ schieben, sondern sich auch darüber hinaus für ihren Arbeitgeber engagieren. In der Forschung gibt es dazu verschiedene Frameworks, die alle, mit leicht unterschiedlichem Schwerpunkt, in die gleiche Richtung weisen: Sie nennen sich Extra-Rollenverhalten, kontextuelle Performance oder auch Organizational Citizenship Behavior (OCB).

Gemeint ist jene große Bandbreite an Verhaltensweisen, die Menschen im Dienst einer Organisation an den Tag legen, ohne dass diese im Arbeitsvertrag oder einer etwaigen Rollenbeschreibung festgehalten wären: Dazu zählen beispielsweise eine überdurchschnittliche hohe Gewissenhaftigkeit bei der Erledigung eigener Aufgaben, die Unterstützung von Kollegen über den unmittelbaren Aufgabenbereich hinaus, oder auch das, was sich im Englischen Sportsmanship nennt: ein gelassener Umgang mit den alltäglichen Ärgernissen der Zusammenarbeit in Organisationen.

Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass viele Organisationen vor allem deshalb erfolgreich agieren können, weil Mitarbeiter regelmäßig die sprichwörtliche Extrameile gehen, oder wenigstens: jeden einzelnen Tag ein paar Extrameter. Pointiert ausgedrückt: Würden alle Menschen in einer Organisation nur das leisten, was im Arbeitsvertrag steht – viele Unternehmen hörten innerhalb kurzer Zeit auf zu existieren. Etwas breiter gefasst lässt sich, auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, das Folgende beobachten:

  • Da wären zunächst die zahlreichten Überstunden, laut Statista knapp die Hälfte davon unbezahlt. 2020 waren es rund 1,7 Milliarden, allein in Deutschland.
  • Viele Unternehmen haben im Rahmen der Kontaktbeschränkungen implizit erwartet, dass die Mitarbeiter einen Teil ihrer Wohnung kostenlos als Arbeitsort zur Verfügung stellen (inklusive Nebenkosten für Strom, Internetverbindung usw.).
  • Es mehren sich die Anzeichen, dass ein signifikanter Teil der Zeit, die unter Work-from-Home-Bedingungen beim Pendeln eingespart wird, nicht in ein Mehr an Freizeit, sondern in mehr Arbeitsstunden investiert wird.

Dies sind jedoch nur die offensichtlich-transaktionalen Aspekte der Extrameile. Es gibt weitere Gesichtspunkte, die gemäß ihrer Natur noch ganz andere Fragen aufwerfen.

Schlecht bezahlte Care-Arbeit im Unternehmen?

In den vergangenen Jahren ist das Thema (unbezahlte) Care-Arbeit stärker in den öffentlichen Fokus gerückt, die Corona-Pandemie und begleitende Phänomene wie die Notwendigkeit zum Home-Schooling bei Menschen mit schulpflichtigen Kindern haben diese Dynamik noch verstärkt. Unter Care-Arbeit versteht man pflegerische Tätigkeiten, das Bekümmern von hilfsbedürftigen Menschen, zuvorderst von Kindern sowie alten und kranken Menschen. Im erweiterten Sinne fällt darunter auch die Bespielung der dazu nötigen Infrastruktur, sprich: Kochen, Putzen, Einkaufen und ähnliche Haushaltstätigkeiten.

Während es natürlich Berufe mit entsprechenden Rollenprofilen gibt, wird erwartet, dass solche Tätigkeiten rund um den eigenen Haushalt frei von Vergütung erfolgen. Zudem muss festgehalten werden, dass diese in den meisten Gesellschaften der Welt – sowohl in der bezahlten als auch der unbezahlten Variante – weit überdurchschnittlich oft von Frauen erbracht werden, zu Lasten ihrer Karriere- und Selbstentfaltungsmöglichkeiten und daraus resultierender Konsequenzen, z.B. Altersarmut durch zu niedrigere Rentenanwartschaften.

Des Weiteren ist anzumerken, dass „die Wirtschaft“ als solche auch deswegen funktioniert, weil sie sich in ihrem Wirken auf diese unbezahlte Arbeitskraft stützt. In der traditionellen Lesart: Der Mann kann Überstunden schieben, weil die Frau zuhause kostenlos den Laden managed – so weit, so bekannt. Durch diese Brille betrachtet lässt sich allerdings argumentieren, dass auch innerhalb von Organisationen eine Unmenge an schlecht oder gar nicht vergüteter Care-Arbeit geleistet wird. Stellen Sie sich einmal die folgende Frage:

Zu welcher Person in ihrer Organisation würden Sie gehen, wenn Sie nach einem missglückten Termin mit einem Kunden oder Vorgesetzten eine Aufmunterung, ein gutes Wort, ein wenig Trost benötigten?

Die organisationspsychologische Forschung spricht hier von sogenannter Relationaler Energie – verkürzt ausgedrückt: Energie, die durch gelingenden menschlichen Kontakt gemehrt und durch misslingenden Kontakt auch gemindert werden kann (vgl. Rose, 2019).

Menschen ziehen Kraft, Motivation und Sinnhorizonte aus solchen kurzen oder längeren Interaktionen. Forschungsergebnisse deuten an, dass Menschen in Organisationen gezielt andere Menschen aufsuchen, die relationale Energie ins Netzwerk einspeisen. Im Gegenzug meiden sie Personen, die dem System – metaphorisch ausgedrückt – Energie entziehen, selbst, wenn diese fachlich gesehen die besten Ansprechpartner für ein aktuelles Problem wären.

Es steht außer Frage, dass es großzügige Energiespender in jeder Organisation gibt: Sie halten den Laden am Laufen, nicht durch publikumswirksame Geschäftsabschlüsse oder Zukunftsstrategien – sondern schlicht und ergreifend, weil sie regelmäßig für andere da sind, wenn es nötig ist. Oft wirken sie eher still im Hintergrund, halten Fäden zusammen und Kollegen bei Laune und ermöglichen dadurch erst die Performance jener Stars, die im Licht stehen. Man könnte sie die guten Seelen der Organisation nennen.

Und es muss konstatiert werden: Dieses Für-andere-da-Sein, diese intra-organisationale Care-Arbeit: Sie steht in keiner Rollenbeschreibung und ist dementsprechend auch – zumindest nach traditionellem Verständnis – kaum relevant für die Vergütung. Wenn überhaupt, dann gibt es einmal im Jahr den Blumenstrauß oder eine Schachtel Pralinen. Und erneut sollte festgehalten werden: Diese Arbeit wird mehrheitlich von Frauen geleistet. In einem früheren Beitrag für den Harvard Business Manager (Rose, 2017) hatte ich allerdings argumentiert, dass sich auch die Arbeit von Führungskräften in diese Richtung entwickeln wird.

Seilschaft Skulptur

Wenn das Extra-Rollenverhalten zur Kernaufgabe wird

Es ist müßig festzustellen, dass die Arbeitswelt sich in einem umfassenden Wandel befindet. Dazu gehört die Tatsache, dass mehr und mehr Tätigkeiten sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor automatisiert werden, ganz oder in Teilen, entweder durch Roboter oder Algorithmen, die unsichtbar im Hintergrund wirken. Manche Protagonisten empfinden die Situation als bedrohlich, befürchten den massiven Verlust von Arbeitsplätzen. Chris Boos, deutscher Unternehmer und KI-Pionier, pflegt dazu lakonisch zu sagen: „Wir haben 200 Jahre lang Menschen beigebracht, wie Maschinen zu arbeiten. Und nun wundern wir uns, dass Maschinen es besser können.“

Angelehnt an diese Bemerkung lässt sich beobachten, dass aktuell vor allem solche Aufgaben und Rollen verschwinden, die repetitiv, eintönig und wenig komplex sind. Doch selbst das klassische Management, das Strukturieren von Aufgaben und Zielen, wird in Zukunft zunehmend von Algorithmen übernommen. Pointiert könnte man sagen, dass die „un-menschlichen“ Aufgaben mehr und mehr verschwinden, während die originär menschlichen Aufgaben: das Schöpferische, das Kreative, aber auch Care-Arbeit immer wichtiger werden.

Die große Resignation

Während der Corona-Pandemie scheinen überdurchschnittlich viele Menschen, zunächst in den USA und Großbritannien, mittlerweile aber auch in Kontinentaleuropa, ihre Jobs zu kündigen. Im Englischen wurde dafür der Begriff „The Great Resignation“ geprägt. Es begann, zunächst aus schierer Notwendigkeit, in den niedrig dotierten Dienstleistungsberufen, weil durch die Kontaktbeschränkungen schlicht und ergreifend zu wenig Arbeit für zu viele Menschen vorhanden war. Mittlerweile deutet sich allerdings an, dass auch viele Menschen in höher qualifizierten Jobs in bislang kaum dagewesener Form ihre bisherigen Berufswege infrage stellen.

Nicht wenige Menschen verlassen ihren aktuellen Arbeitgeber ohne eine klare Perspektive für ein neues Wohin. Das schlichte Gefühl, das bisherige Konstrukt trage emotional und in punkto Sinnhorizont nicht mehr ausreichend, scheint Grund genug für einen radikalen Schritt zu sein. Es wäre töricht anzunehmen, dass die vielen Millionen Menschen auf der Welt, die derzeit ihre Jobs an den Nagel hängen, dies alles aus dem gleichen Grund tun, aber ich bin der festen Überzeugung, dass es auch mit den zuvor angestellten Überlegungen zusammenhängen könnte: dem Gefühl, in einem Teil der erbrachten Leistung nicht gesehen zu werden, nach veralteten oder unpassenden Maßstäben beurteilt zu werden.

Der psychologische Vertrag trägt nicht mehr

Dieses Gesehen-werden: Es ist Teil des sogenannten psychologischen Vertrags. Neben dem offiziellen Arbeitsvertrag gehen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgrund der oben genannten Unterspezifizierung von Arbeitsverträgen auch einen informellen, unausgesprochenen Vertrag ein, eben jenen psychologischen Vertrag (vgl. De Vos & Meganck, 2009). Dieser umfasst ein Bündel von gegenseitigen Erwartungshaltungen: die impliziten Regeln innerhalb der offiziellen Austauschbeziehung. Dieser unausgesprochene Vertrag legt sich über den formellen Arbeitsvertrag und definiert, wie die Vereinbarungen des offiziellen Dokuments im Alltag ausgelegt werden. So könnte der Arbeitgeber beispielweise eine gewisse Anzahl von unbezahlten Überstunden erwarten, was der Arbeitnehmer stillschweigend akzeptiert, weil der Arbeitgeber an anderer Stelle „nicht so genau hinschaut“ – was auch immer das im Einzelfall heißen mag.

Abseits solcher transaktionalen Themen regelt der psychologische Vertrag auch verschiedene Aspekte des persönlichen Umgangs. Ein Beispiel: Arbeitnehmer verstehen, dass sie mit der Unterschrift unter den offiziellen Arbeitsvertrag einen Teil ihrer persönlichen Autonomie aufgeben. Sie wissen, dass andere Menschen ihnen gegenüber weisungsbefugt sein werden und dass von ihnen erwartet wird, sich an gewisse Regeln zu halten (Stichwort: Compliance). Doch wie das altbekannte Sprichwort sagt: Der Ton macht die Musik. Und so regelt der psychologische Vertrag unter anderem, was in einem gegebenen Kontext als respektvoller Umgang betrachtet wird – was sich naturgemäß stark unterscheiden kann, je nachdem, ob es um ein Startup oder einen Kasernenhof geht.

Arbeitnehmer prüfen fortlaufend auf einer emotionalen Ebene, ob die Bedingungen des psychologischen Vertrags aus ihrer Sicht noch akzeptabel sind. Ist dies über einen längeren Zeitraum nicht gegeben – und kann die Situation auch nicht durch einen expliziten Dialog über den psychologischen Vertrag verbessert werden – reagieren Menschen zunächst mit Rückzug: Sie distanzieren sich emotional von ihrem Arbeitgeber und fahren ihr Arbeitsengagement zurück. Langfristig empfinden Menschen eine solche Situation als derartig unangenehm, dass sie in aller Regel versuchen werden, sich dem durch einen Wechsel des Arbeitgebers zu entziehen. Ist dies, beispielsweise aus ökonomischen Gründen, nicht möglich, reagieren manche Menschen sogar mit schädigendem Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber, beispielsweise Diebstahl von Büromaterial oder auch abfälligen Bemerkungen zum Arbeitgeber in der Gegenwart von Kunden. Vereinfacht ausgedrückt: „Lieber Arbeitgeber, wenn du mich arschig behandelst, muss ich auch nicht nett zu dir sein.“

Arbeitgeber sollten folglich regelmäßig kritisch prüfen, ob die psychologische Waage von Geben und Nehmen noch im Gleichgewicht ist. Auch unter dieser Perspektive ist das Spannungsfeld von Intra- und Extra-Rollenverhalten von großer Bedeutung. Wenn Arbeitnehmer zunehmend das Gefühl haben, dass das, was sie – nach traditioneller Lesart – abseits der Rolle leisten, quantitativ und/oder qualitativ wichtiger ist, als der Part, für den sie eigentlich bezahlt werden, ist Frust vorprogrammiert.

Der Wert der Arbeit: weniger Pflicht, mehr Kür

Wir werden absehbar nicht umhinkommen, Arbeit und die unterliegende Wertschöpfung noch einmal grundsätzlich neu zu denken – umwälzende Veränderungen wie der demographische Wandel und die Automatisierung von zunehmend mehr Tätigkeiten werden uns dazu zwingen. Wir werden lernen müssen, noch viel genauer hinzuschauen, welche Leistung ein Mensch tatsächlich erbringt, auch abseits von Rollenbeschreibungen, Schichtplänen und Stechuhren.

Aktuell geht man vielerorts noch vor, wie der betrunkene Mann in Paul Watzlawicks weltbekannter Geschichte: Der sucht seinen Haustürschlüssel im Schein der Straßenlaterne, weil er dort etwas sehen kann – obwohl er auf Nachfrage zugibt, den Schlüssel anderorts im Dunkeln verloren zu haben. Auch viele Unternehmen wertschätzen und vergüten derzeit vor allem das, was hell im Licht der organisationalen Scheinwerfer erstrahlt – und übersehen dabei, dass der Schlüssel zum Erfolg womöglich ganz woanders liegt.

Literatur

  • Rose, Nico (2017): Führung mit Gefühl. Harvard Business Manager, 4, S. 66-71.
  • Rose, Nico (2019): Sonnen und schwarze Löcher in der Organisation: Relationale Energie messen und nutzen. OrganisationsEntwicklung, 3, S. 30-33.
  • De Vos, A., & Meganck, A. (2009). What HR managers do versus what employees value: Exploring both parties‘ views on retention management from a psychological contract perspective. Personnel Review, 38(1), S. 45-60.